Ich habe Senf und Dill, mein Mann muss tun was ich will. Diesen Spruch murmelten einst junge Bräute auf Ihrem Weg zum Altar und steckten sich einige Dillsamen in die Schuhe. Andere reglementierten mit dieser Pflanzen-Kombination das Liebesleben. Ob das heute noch funktioniert? Man(n) sollte es mal ausprobieren.
Botanischer Steckbrief
Dill (Anethum graveolens) ist eines der ältesten Gewürz- und Heilkräuter. Es gehört zur Familie der Doldenblütler (Apiaceae) und der Gattung Anethum. Zwischen 50 – 125 cm hoch kann sich der Stengel des Dills aus einer spindelförmigen, dünnen Wurzel emporstrecken. Die fein gefiederten Blätter verzweigen sich meist mehrfach und ihre Blattscheide umfasst den Stengel.
Von Juni bis August erscheinen auf den großen, strahlenförmigen Dolden gelbe kleine Blüten. Wurden diese reichlich durch diverse Kleininsekten bestäubt, reifen daraus die runden, länglichen Dillsamen.
Verwechslungsgefahr mit giftigen Pflanzen
Einige Pflanzen in Wald und Flur sehen dem wild wachsenden Dill zum Verwechseln ähnlich. Wer in der Natur unterwegs und sich nicht 100%ig sicher ist, sollte die Finger von den Doldenblütlern lassen. Es gibt darunter tödlich giftige Arten.
So z. B. die Hundspetersilie (Aethusa cynapium), den Gefleckten Schierling (Conium maculatum) oder den Wasserschierling (Cicuta virosa). Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal sind hier die Blätter.
Volkstümliche Namen
Blähkraut, Däll, Dille, Dillfenchel, Dillich, Dillsamen, Dillscheiben, Dyl, Gurkenkraut, Gurkenkräutl, Gurkenkümmel, Hochkraut, Ille, Kapernkraut, Kappiskraut, Kümmerlingskraut, Till, Umorkenkraut
Heimat und Verbreitung
Der Dill stammt ursprünglich aus Südwest- und Vorderasien. Auch Südeuropa wird als Herkunftsgebiet gerne genannt. Bereits die alten Ägypter wussten dieses Kraut zu schätzen und einigen Mönchen war es zu verdanken, dass sie diese Gewürz- und Heilpflanze über die Alpen in unsere Regionen schleppten.
Schon die antiken Griechen und Römer wussten es zu schätzen und in der legendären Pflanzenliste Karls des Großen (747 – 814) hatte Dill ebenfalls einen würdigen Platz erhalten.
Inhaltsstoffe
2,5 – 4% Ätherische Öle mit hohem Carvon-Anteil, 18% fette Öle, Cumarine
Geschmack und Würze
Eine herbe, ganz leicht frische Würze zeichnen die Blätter des Dills aus. Das intensive Aroma verdankt er seinem hohen Anteil an ätherischen Ölen. Diese werden ebenfalls konzentriert in den Dillsamen gespeichert. Das führt dazu, dass die Samen eher einen kümmelartigen, leicht bitteren Geschmack aufweisen.
Anbau und Pflege
Der Dill ist als einjähriges Kraut nicht frosthart. Ab Ende März / Anfang April und über die gesamte Saison, also in mehreren Abständen, können Sie Ihre Dillsamen im Boden versenken oder einfach breitwürfig im Garten verteilen. Da er ziemlich schnell keimt und wächst, werden die ersten Blätter schon nach 6-8 Wochen erntereif.
Der Dill mag feuchte Füße aber keine stauende Nässe. Lassen Sie den Boden um die Pflanzen niemals austrocknen. Ich empfehle eine Untersaat mit Tagetes oder Ringelblumen. Wenn der Boden durch andere großblättrige Pflanzen wie Gurken oder Kürbis beschattet wird; umso besser für beide Pflanzen, da diese sich gegenseitig ergänzen. Steht der Dill alleine, kann auch eine Mulchschicht den Boden feucht halten.
Dill samt sich, wenn er einmal im Garten heimisch wurde und es ihm dort gefällt, meist selbst aus. Dafür sorgen unter anderem die nicht geernteten Samen vom letzten Herbst und/oder die vielen Tiere in unserem kleinen Paradies. Falls Sie ihn auf ein extra Beet anbauen möchten, sollten die Reihen 25 – 30 cm Abstand einhalten. Die einzelnen Reihen werden bei Bedarf ausgelichtet, um kräftige und gesunde Pflanzen zu erhalten.
Wer meint, Dill sei ein anspruchsloses Kraut, kann leicht eines Besseren belehrt werden, wenn der eigene Dill nur kümmert. Obwohl er als Doldenblütler die Bodengare eher belastet, mag er selbst einen lockeren und humusreichen Boden. Windgeschützt sollte diese Primadonna stehen und volle Sonne braucht sie, um ihre wertvollen ätherischen Öle zu produzieren.
Ein Umsetzen oder Umpflanzen mag Dill gar nicht gerne, da seine empfindlichen Pfahlwurzeln und die daran befindlichen Nebenwurzeln dabei Schaden nehmen. Schon nach kurzer Zeit ohne Feuchtigkeit lässt die Pflanze den Kopf hängen und braucht einige Zeit, um anständig weiter zu wachsen und schmackhafte Blätter oder Samen abzuliefern. Wenn der Dill doch im Weg steht, empfehle ich nur die jungen Pflänzchen zu versetzen, da sie das gegenüber den schon größeren Exemplaren besser wegstecken.
Samenbau und Vermehrung
Vermehrt wird Dill generativ, also über Samen. Ernten Sie neben den Blättern auch die Samen im späten Herbst rechtzeitig. Die einzelnen Samendolden reifen leider nicht zur gleichen Zeit ab. Ab August und je nach Witterung entdecken sie in 2 – 3 Monaten bei den bestäubten Blüten erste Anzeichen von Samen. Kontrollieren Sie öfters Ihren Bestand, um ein vorzeitiges Ausfallen der Samen zu verhindern.
Wer auf auf Nummer sicher gehen will, schneidet die Dolden bereits ab, wenn diese zu bräunen beginnen, aber noch nicht reif genug sind um auszufallen. Im engmaschigen Netz werden die Dolden an einem schattigen und trockenen Platz aufgehängt und trocken so nach.
Pflanzengesundheit
Nur den direkten Kontakt zu anderen Doldenblütlern wie Fenchel, Pastinaken oder Petersilie mag der Dill nicht. Dill sollte auch nicht 2 Jahre hintereinander auf dem selben Beet angebaut werden. Empfehle eine Anbaupause von 4-5 Jahren zu anderen Doldenblütlern.
Biologische Tipps und Mischkultur
Dill eignet sich sehr gut als Mischkulturpartner. Bei sämtlichen Kohlsorten und Roter Bete hält er die Schädlinge ab. Zusätzlich soll er die das Aufgehen und die Keimfähigkeit verschiedener anderer Gemüsesaaten wie Kohl, Möhren, Rote Bete, Salat und Zwiebeln fördern.
Ihm gefällt es neben Erbsen, Gartenbohnen, Kartoffeln, Porree, Rettich, Salat, Spinat, Tomaten, Zuckermais und Zwiebeln. Den Geschmack der Gurken soll er verbessern, wenn er dicht neben diesen wächst. In Mischkultur mit Sellerie gibt es widersprüchliche Informationen.
Ernte und Lagerung
Die feinen Blätter des Dills können laufend geerntet werden. Achten Sie aber darauf, dass Sie der Pflanze genügend Blattwerk zum Überleben übrig lassen. Falls ausreichend Grünzeug zur Verfügung steht, kann Dill auch sehr gut eingefroren werden, um einen Vorrat für die kalten Wintermonate zu schaffen. Dill verliert zwar im gefrorenen Zustand einen Teil seiner Geschmacksstoffe, gehört aber zu den wenigen Kräutern, bei denen sich der Geschmacksverlust durch das Einfrieren in Grenzen hält.
Die getrockneten Dillsamen fühlen sich in einem gut schließenden Twist-Off Glas wohl. Dunkel und trocken gelagert, behält der Samen bei günstigen Lagerbedingungen seine Keimfähigkeit 2 – 3 Jahre.
Verwendungsmöglichkeiten
Hausapotheke
Einen bekömmlichen Tee erhalten Sie, wenn einige Dillsamen mit kochendem Wasser überbrüht werden. Er verspricht Linderung bei krampfartigen Bauchschmerzen, Blähungen und allgemeine Magenverstimmungen. Bei stillenden Müttern regt er den Fluss der Muttermilch an.
Ungesüßt hilft er gegen Schluckauf. Als wirkungsvolles und natürliches Schlafmittel wird mit einem Löffel Honig gemischt und vor dem zu Bett gehen warm getrunken. Dem Dill-Tee, der auch mit Fenchel- oder Kümmelsamen gemischt werden kann, wurde ebenfalls eine leicht harntreibende Wirkung nachgewiesen.
Küche
Zu einer hellen Soße gesellt sich eine Handvoll frischer (oder gefrorener) Dill, ein Spritzer Zitrone und eine Prise Zucker. Das Endprodukt: eine schmackhafte Dillsoße, die nicht nur zu allerlei Fischsorten oder Schalentieren passt, sondern auch über gekochten Eiern dem Magen und Gaumen ein Festmahl bereitet.
Kalte Platten werden durch Garnituren von frischem Dill nicht nur zum Augenschmaus. Wer gern Gurken einlegt, wird auf das Gewürzkraut ebenso wenig verzichten, wie der Salat-Fan, sei es nun Grüner oder Kartoffelsalat.
Auch dem Hammelbraten verleiht er einen unverwechselbaren Geschmack und trägt zur besseren Verdauung des schweren Essens bei. Geben Sie Dillblütenstände, Blätter oder die Samen, in eine saubere Flasche und gießen Sie mit Obst- oder Weinessig auf. Der sogenannte Kräuteressig wird regelmäßig durchgeschüttelt und verbleibt 2-3 Wochen an einem sonnigen Platz. In dieser Zeit gehen die wohltuenden Inhaltsstoffe in den Essig über.
Dieser Kräuteressig ist fast unbegrenzt haltbar. Ein Blickfang für Ihre gesunde Küche und noch dazu sehr schmackhaft. Und ein ausgefallenes Geschenk für liebe Mitmenschen. Achten Sie aber darauf, dass keine Pflanzenteile aus der Flüssigkeit ragen, die sonst faulen könnten. Sie können den Dill aber auch mit anderen Kräutern mischen und auf die gleiche Weise ein Kräuteröl herstellen.
Auch möglich: Schneiden Sie einige frische Dillblätter klein und vermengen diese mit Butter oder Käse? Dill hat vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und lässt unsere Geschmacksrezeptoren Achterbahn fahren. Probieren und Experimentieren Sie ein wenig mit dem Kraut, um Ihre Spezialitäten zu kreieren!
Historische Verwendung
Hinweis in eigener Sache: Die Zeiten, in denen man sich nach einer Zahnwurzelbehandlung eine Nelke in die Backe schob oder eine Betäubung mit einem Knüppel bzw. literweise Alkohol herbeiführte, sind vorbei. Heutzutage gibt es wirksamere Methoden, um die eigene Gesundheit zu erhalten.
Vor dem Gebrauch der hier aufgeführten historischen Verwendungsmöglichkeiten ist immer der Hausarzt oder Apotheker zu konsultieren! Sehen Sie die Nutzbarmachung der Flora, die unsere Vorfahren einsetzten, mit einem zwinckernden Auge und mehr als unterhaltende Lektüre.
Nichtsdestotrotz sind viele dieser älteren Methoden auch heute noch und bspw. in Notzeiten durchaus wirksam und verlieren dadurch nur wenig an ihrer Bedeutung.
Schon in jungsteinzeitlichen Siedlungen wurden Dillsamen gefunden. Das war etwa 4.000 Jahre vor dem Beginn unserer Zeitrechnung. Somit zählt Dill zu den ältesten Gewürzen der Menschheit. Die Ägypter verwendeten die Heilpflanze gegen Kopfschmerzen und auch die antiken Griechen und Römer konnten ihr nicht wiederstehen.
Dioscurides (1. Jahrhundert) meinte zu Lebzeiten: “Vom Dill braucht man die Dolde und Samen als Mittel, die Milch zu vermehren, die Verdauung zu verbessern, zu viel und zu oft genossen schwächt er jedoch.”
Ein Römer namens Palladius empfahl: “Im Februar sät man den Dill; er verträgt jedes Klima; allein das laue ist ihm am liebsten! Fehlt es an Regen so gießt man! Man darf ihn nicht zu dicht säen. Manche bedecken den Samen gar nicht mit Erde, weil sie glauben, kein Vogel gehe daran.” In der römischen Küche würzte der Dill Wein und Geflügel.
Skeptisch gegenüber stand Hildegard von Bingen (1098 – 1179) dem Dill. Sie sagte: “Der Dille ist trocken und warm, sein Genuss stimmt den Menschen zu Traurigkeit. Roh genossen ist er nicht gesund, weil er die Feuchtigkeit und etwas Fettigkeit der Erde an sich hat; gekocht vertreibt er die Gicht.” Der bekannte deutsch Gelehrte Albert Magnus (1200 – 1280) empfahl den Dill erstmals in unseren Breiten gegen Blähungen und um die Muttermilch reichlich fließen zu lassen.
Schon im Mittelalter galt eine Mischung den Samen von Dill, Fenchel, Anis und Kümmel als besonders wertvoll. Nicht nur zum Brot backen oder Tee zubereiten wurden diese 4 Kräuter verwendet. Sie wirken auf Grund ihrer Inhaltsstoffe erwärmend, beruhigend und krampfstillend und durften in keinem gut sortierten Haushalt fehlen.
Im späten Mittelalter setzten die Kräuterväter den Dill wieder in das rechte Licht und rieten zur Verwendung des Kappiskraut nicht nur “zum Einmachen der jungen cucumern (Gurken), weil es ihnen einen guten Geschmack verleihet, sondern nehmet ihnen auch die Windigkeit und machet es desto verdaulicher”.
Ein anderer großer Botaniker, Tabernaemontanus (1522 – 1590), schrieb: “In Summa / unsere Weiber und Köch können des Dills in ihren Küchen keines wegs entbehren.” Und vom Dillsamen: Im Wein “stillet er das Magenwehen / das Grimmen im Leib und Reissen in den Därmen.”
Eine andere Verwendungsmöglichkeit, Dillsamen in die Schuhe der jungen Bräute auf dem Weg zum Altar zu stecken, um sich den Mann gefügig zu machen, habe ich ja schon am Anfang des Artikels genannt. Gibt es Erfahrungswerte der werten Leserschaft in dieser Richtung? 😉
Besondere Arten und Sorten
Wir unterscheiden heute den wild wachsenden Ackerdill (Anethum graveolens L. var. graveolens), den Indischen Dill (Anethum graveolens L. subsp. sowa) und den bekannten und beliebten Gartendill (Anethum graveolens L. var. hortorum Alef.). Von diesem Gartendill gibt es diverse Züchtungen, die im Laufe der letzten Jahrzehnte kultiviert wurden. Da hätten wir zum einen den:
- Tetra Dill – der sich durch seine blattreiche Form auszeichnet
- Farnblättriger Dill – auch Fernleaf genannt, besitzt farnähnliche Blätter und gedeiht gut in Töpfen z. B. auf dem Balkon, da er nicht so hoch wächst
- Vierling Dill – hohe standfeste Blätter mit blaugrünen Blättern
- Dukat – Sorte mit hohem Ölgehalt und starkem Aroma
- Hercules – deutsche Züchtung, die bis zu 160 cm hoch wächst, spät in Blüte geht und viele Blätter schenkt
- Bouquet – kleine, feine Blätter und niedriger Wuchs
- Elefant – eine ebenfalls stark wachsende Sorte die nicht für den Anbau im Topf geeignet ist
Nebenwirkungen
Sind keine bekannt.
Wichtiger Hinweis
Die in diesem Artikel und dem gesamten Pflanzenlexikon aufgeführten Hinweise zur Verwendung der einzelnen Pflanzen sind nicht als ärztliche Handlungsempfehlungen zu verstehen. Bevor Sie diese Pflanzen verwenden, sollten Sie Ihren Arzt oder Apotheker konsultieren. Diverse Pflanzen und deren Inhaltsstoffe können in Verbindung mit bereits eingenommenen Medikamenten schwere Nebenwirkungen verursachen. Eine fachliche Beratung erhalten Sie nur von Ihrem Arzt. Sie muss vor der Einnahme der hier vorgestellten Pflanze erfolgen.
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Tipp am Ende des Artikels
In der Tabelle zu den Büchern über essbare Wildpflanzen und Wildkräuter gibt es jede Menge mehr Informationen zu den Pflanzen die wir nicht nur als Nahrung achten. Mehr als 600 Bücher werden dort vorgestellt. 😉
Dillsauce passt auch gut zu Spargel!
Eine sehr tolle und informative Kräuterseite.
Ich finde es super, dass auch Verwendungsmöglichkeiten genannt werden.
Herzliche Grüße,
Ilija
Ja. Spargel und Dillsauce ergänzen sich auch perfekt.
Danke für den Tipp und die Blumen, Ilja. 🙂
Gärtnerische Grüße
Uwe
‘Ich hab den Senf und auch den Dill [..]’ stammt einer weiteren Verwendungsmöglichkeit der Kräuter (und Pflanzenteile) ab. Während die Senfkörner zu den Aphrodisiaka gezählt werden, wird das Dillkraut zu den Antiaphrodisiaka gezählt. Je nach gewünschter Wirkung serviert die Ehefrau Ihrem Liebsten das Mahl mit den Gewürzen ihrer Wahl und behält sich so den Einfluss auf den Willen vor. (Quelle: Tor-Akademie ‘Vergessenes Wissen’)
Hallo Angela,
Kaum zu glauben, mit welchen “Tricks” da früher gearbeitet wurde. Gut, dass dieses Wissen nun nicht mehr verloren geht.
Sollte man(n) sich in Zukunft seine dargereichten Speisen genauer auf der Zunge zergehen lassen. 😉
Gruß Uwe
Gibt es Dill der nach Lakritz sceckt?
Hi, da bin ich überfragt. Wenn du aber ein Kraut haben willst, dass nach Lakritz schmeckt, probier doch mal Lakritztagetes. 😉